Wer oder was bin ICH?

Wer bin ich? ist doch leicht zu beantworten, oder? Ich blicke an mich herunter, sehe meine Arme, meine Beine und alles das dazu gehört. Das bin ich.
Macht unser Körper als das ICH in seiner Masse aus? Leider nein, denn wenn die Person tot ist, dann billigen wir dem Körper nicht mehr zu ein ICH zu repräsentieren. Sie merken schon: es wird philosophisch.

Bleiben wir aber beim Leben. Der französische Philosoph Rousseau hatte sich Ähnliches gefragt. Wenn mein Körper mit allem drum und dran das ICH repräsentiert und mir wird ein Finger abgetrennt, bin ich dann noch 100% ICH? Die Antwort ist doch wohl ja. Und damit kommt man zu der Frage, was denn das ICH eigentlich ausmacht, wenn es für dessen Bestand egal ist ob man Gliedmassen verliert.

Man kann es auch weniger martialisch erforschen. Man legt eine künstliche Hand neben die des Probanden und verdeckt die Sicht auf dessen eigene Hand mit einer Blende. Dann beginnt eine zweite Person beide Hände (die künstliche und die verdeckte) gleichmässig zu streicheln. Nach kurzer Zeit kann man aufhören die eigene Hand des Probanden zu streicheln. Der Blick auf die künstliche Hand erweckt beim Probanden das Gefühl weiterhin gestreichelt zu werden. Ähnliche Techniken nutzt man bei Phantomschmerzen in amputierten Armen. Dort nutzt man einen Spiegel um mittels des funktionierenden Armes das Spiegelbild des amputierten Armes wiederzubeleben.

Und um es wieder etwas gruseliger zu machen: Es gibt Menschen, die haben das Gefühl ein Bein oder ein Arm gehört nicht zu ihnen, obwohl sie diese vollends gut bewegen können. Diese Vorstellung reicht soweit, dass sie dieses Körperteil so schädigen, dass es amputiert werden muß. Und danach sind diese Menschen zufrieden.

Die Konstruktivisten sehen darin klare Anzeichen, dass unsere Vorstellung des ICHs ein Konzept unseres Gehirns ist, dass uns die Steuerung unseres Lebens erst ermöglicht. Das ICH gleicht seine Erkenntnisse zwar immer wieder mit der Umwelt ab. Aber wenn es uns nicht plausibel erscheint, was da gerade passiert, dann werden wir dagegen vorgehen. Dabei können wir unter Umstände Moral und Recht ausblenden oder so biegen, dass wir aus unserer Sicht richtig handeln.

Das wirkt seltsam auf Andere, wenn jemand sich von funktionierenden Teilen seines Körpers trennen will. Befremdlich wirkt aber auch beispielsweise der Fall Mollath in einigen Aspekten. Wenn beispielsweise der Nürnberger Handballclub im Zentrum einer Verschwörung steht. Oder wenn eine Hebamme mutmaßlich versucht werdende Mütter umzubringen. Oder ein Hundebsitzer von Einem erschossen wird, der vorgibt Angst vor Hunden zu haben (ein logisch denkender Mensch hätte doch den Hund versucht zu treffen, oder?). Wir werden hinter die Irrungen und Wirrungen des Gehirns zum Zeitpunkt der Tat nicht viel Licht bringen. Denn bis man den Schuldigen befragt hat sein Pressesprecher (der PFC) eine mehr oder minder kluge Erklärung ausgegoren.

Das Konstrukt ICH ist eine hilfreiche Erfindung des Menschen. Es läßt Handlungen jemanden zuordnen und der war bestenfalls von Sinnen oder eben klar bei Verstand. Das hilft uns über dieses Konstrukt Kategorien wie etwa Moral und Recht zu stülpen und danach dann die Handlung zu be- und zu verurteilen. Aber verstehbar werden diese Taten trotzdem dadurch nicht.

Fazit:

Das ICH ist ein Konsrukt, daß die Handlungen des Menschen entlang seiner (oft unbewußt) erlernten Mustern, Regeln, Prägungen etc. und durch seine nachgelagerte Überlegungen charakterisiert.  Das ICH entwickelt die Biographie des Lebens aus seinen Handlungen und den dadurch entstehenden (subjektiv wahrgenommenen) Ergebnissen.

Dazu eine kleine Geschichte: Eine Person ist ein Leben lang auf einem U-Boot. Es hat alle Geräte von seinen Eltern erlernt. Dieses U-Boot taucht nun vor Ihnen auf. Und sie gratulieren dem Kapitän zu der tollen Tauchfahrt. „Wie Sie Klippen umschifft haben um den Stand hier zu erreichen ist toll“. Der Kapitän versteht sie nicht. Er kennt nur seine Anzeigegeräte, sein Sonar, Höhenanzeige, etc. Klippen, Strömungen, Untiefen sind Begriffe, die er nie gehört hat. Er könnte Sie nur verstehen, wenn man es ihm anhand seiner Geräte erklären könnte.

Und so ist es bei jedem ICH. Das ICH versteht die Welt nur innerhalb der Parameter, die es gelernt hat.

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