Wussten Sie das es Hexen gab? Die Kirche hat sie verfolgt. Aber das ist schon viele hundert Jahre her. Eine der letzten Hexen hatte sich anfangs 1810 in einen Wald zurückgezogen. Die Inquisition der Kirche war viel zu stark für ihre Kräfte geworden. In dem kleinen Wald hatte sie ihre Ruhe gefunden: Sie hatte sich ein kleines Häuschen gezaubert mit ein wenig Spinnereien: die Wände und das Dach waren aus Lebkuchen und die Fenster aus Zuckerguss.
Die Hexe bemerkte schon, dass die Wege der Menschen ihr immer näher kamen. Als sie auszog um dies Haus zu erbauen, da waren die Menschen meilenweit entfernt. Mittlerweile reichten die Wege der Menschen immer näher an sie heran.
Eines Morgens wurde die Hexe durch sehr merkwürdige Geräusche geweckt, die sie sehr beunruhigten. Es klang, als ob Teile ihres Hauses abbrachen oder abgebrochen wurden. Das war bei all den Stürmen der letzten Monate noch nie geschehen. Ängstlich fragte sie sich, wer da wohl wütet.
Eine Stimme schien von aussen zu antworten: „Der Wind, der Wind, das himmlische Kind.“ Das kam der Hexe merkwürdig vor und trotz ihrer Angst ging sie vor das Haus. Sie war nicht wenig erstaunt zu erkennen, dass ein Junge und ein Mädchen voller Hunger von ihrem Haus runter gegessen hatten.
Sofort machte sich die Hexe auf, die verhungerten Kinder aufzunehmen und zu versorgen. Sie gab ihnen Essen und Trinken und eine Möglichkeit zum schlafen Aber am nächsten Morgen hatte sich der Junge schon wieder am Haus zu schaffen gemacht und einige Lebkuchen-Schindeln zerstört. Die Hexe brachte den Jungen in die Stallungen, denn die waren mit Ziegeln gemauert.
Fortan schaute sie täglich nach dem Jungen, denn sie konnte niemanden was zu Leide tun. Sie prüfte gewissenhaft, ob der Junge bei Kräften blieb. Allerdings bemerkte sie nicht, wie der Junge sie austrickste. Wenn sie sehen wollte, ob der Junge noch wohlgenährt war, lies sie sich einen Finger geben, Der Junge aber hatte erkannt, das die Hexe nicht mehr gut sah und reichte ihr zur Kontrolle ein Stöckchen. Die Hexe erschrak, weil der Junge so abgemagert schien und wolle sofort einen Lebkuchen backen.
Und während die Hexe den Teig in den Ofen schieben wollte, stieß das Mädchen sie von hinten in den Ofen. Die Hexe verbrannte jämmerlich. Das Mädel aber nahm den Jungen und gemeinsam fanden sie den Weg zurück zu den Menschen. Als erstes trafen sie zwei Brüder, denen sie die Geschichte erzählten, dass ihre Eltern sie im Wald ausgesetzt hatten und sie dort eine Hexe getroffen hatten und aus dessen Gefangenschaft sie sich befreien konnten.
Die zwei Brüder hießen Jacob und Wilhelm Grimm. Sie schrieben die Geschichte aus der Sicht der Kinder auf und veröffentlichten sie 1812 unter der Überschrift „Hänsel und Gretel“ in dem Buch „Grimm’s Märchen“.
Jeder kennt vermutlich diese Geschichte. Aber vielleicht haben Sie diese noch niemals aus dieser Position betrachtet. Ein unschuldiges Wesen, dass jämmerlich ums Leben kommen musste. Sie könnten argumentieren, dass es sich doch nur um ein Märchen handelt. Aber wer weiß das so genau. Hexenverbrennungen hat es auf jeden Fall gegeben. Welche Geschichte ist denn aber nun war? Die der Kinder, die vermutet haben, dass die Hexe sie nur mästen wollte um sie dann selbst zu verspeisen? Oder diese Version von der fürsorglichen Hexe? Hatten die Kinder die Hexe nur falsch verstanden? Auf jeden Fall hat Sie diese Version etwas nachdenklich gemacht, oder?
Aber es gab und gibt wohl keine Hexen soviel ist sicher. Ein anderes Märchen-Buch datiert aus 8. oder 9. Jahrhundert vor Christus. Ein griechischer Dichter, vermutlich Homer, hat darin die Geschichte der Erstürmung einer Stadt namens Troja beschrieben die vorher jahrelang vergeblich belagert wurde. In dem Stück spielen allerlei Götter eine Rolle. Vor zweihundert Jahren galt diese Mythen-Saga eher als größtenteils erfunden. Bis dann ein deutscher Forscher namens Heinrich Schliemann dieses Troja bei Ausgrabungen entdeckte. Bis dahin galt diese Stadt eher als ein Teil der Sagenwelt.
Wir erkennen, dass sich die Wahrnehmung der Wirklichkeit nicht immer mit der Wirklichkeit deckt und das unser Denken von vielen Faktoren abhängt. Wir konstruieren unsere „Wirklichkeit“ aus den Erfahrungen und aus den aktuellen Informationen. Dabei wird das wir zu wissen glauben oft zu unserem Wissen hochgestuft. Doch darum geht es im nächsten Blog.